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Hyperandrogenämie macht die Haare schön

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Glatt rasierte Füße und Achseln, ein Bild der Frau, dass uns im Kindesalter schon gelernt wurde. Zum Glück gibt es immer mehr Frauen, die sich dagegen auflehnen und uns zeigen, dass es nicht so sein muss. Jedoch frage ich mich, wie sehr fühlt man sich noch als Frau, wenn der Haarwuchs viel stärker und besser ist als bei manchen Männern. Wie sehr bin ich denn wirklich noch eine Frau, wenn ich einen besseren Bart haben könnte als manche Männer? Wie sehr bin ich denn wirklich noch eine Frau, wenn man meine Füße von denen eines Mannes kaum unterscheiden kann? Wie sehr bin ich denn dann wirklich noch eine Frau? 

Es war furchtbar heiß und wir lagen an der Donau, ließen uns bräunen und genossen den schönen Sommertag. Rein zufällig viel mein Blick auf meine Füße. Ich hatte sie erst vor zwei Tagen rasiert, jedoch viel mir auf, dass viele Haare bereits schon wieder nachgewachsen waren und auch viel dunkler waren als sonst. 

In den darauffolgenden Tagen bemerkte ich solche dunklen Haare auch an meinem Hals. Ich machte mir deswegen nicht wirklich einen Kopf. Warum auch? Störende Haare werden einfach abrasiert und darüber denkt man auch nicht weiter nach.

Mütterliches Sorgenradar sei dank

Meine Mutter war die Erste, die mich darauf ansprach. Bekanntlich machen sich Mütter gerne immer etwas mehr sorgen, als wir es uns selbst machen. Deswegen versuchte ich sie zu beschwichtigen. Doch sie ließ nicht locker und ich begann mir Gedanken darüber zu machen. Tief drinnen war mir schon bewusste gewesen, dass es nicht ganz normal ist für eine Frau, aber wie bei vielen Dingen denkt man sich: „Manche trifft es mehr als andere.“ Schlussendlich rang ich mich dazu durch einen Termin bei meiner Frauenärztin zu machen. Wir sprachen über mein Anliegen und ich bekam einen Termin zur Blutabnahme. Auf diesen musste ich einen Monat warten, denn im besten Fall wird das Blut am dritten oder fünften Tag der Periode abgenommen, um die Hormonwerte besser einsehen zu können.

Als mein Befund abholbereit war, schickte ich ihn meiner Mutter. Sie zeigte ihn dem Frauenarzt, bei dem sie arbeitet, damit wir auch eine zweite Meinung hatten. Zwei Tage später war ich dann bei meiner Frauenärztin. Meine Diagnose lautete: Hyperandrogenämie, eine hormonelle Störung. Ich bekam eine Überweisung in die Hormonambulanz, dort durfte ich dann vier Monate auf einen Termin warten.

Es sind doch nur Haare

Das Thema ließ mich nun nicht mehr los. Immer wieder erwischte ich mich dabei, wie ich meinen Körper darauf abcheckte, ob irgendwo wieder vermehrt Haare nachgewachsen waren. Ich fühlte mich nicht mehr wohl in meiner Haut. Es mag hart klingen, aber ich entwickelte eine Abneigung gegen meinen eigenen Körper. Schon alleine der Gedanke daran, dass mich ein Mann so sieht, macht mich fertig. Wenn mir schon vor mir selber graut, wie abstoßend muss es dann ein Mann erst finden? Ich bin froh darüber, dass ich keinen Freund habe, denn ich würde mich nicht überwinden können mich ihm so zu zeigen und schon gar nicht würde ich es wollen, dass er mich berührt.

Für mich ist dieses Situation psychisch sehr belastend, sie sorgt dafür, dass ich mich stets beobachtet fühle und meinen Körper nicht mehr akzeptieren kann. Dies zeigte auch ein Tag in der Arbeit, an den ich mich sehr gut erinnern kann. Ich musste aufs Klo, dort ist das Licht besonders hell und als ich mich in den Spiegel schaute, sprangen mir sofort einige dunkle Haare am Hals in die Augen. Die Wut stieg in mir auf und ich kämpfte mit den Tränen. Ich schämte mich.

Ich fühlte mich nicht mehr wohl in meiner Haut. Es mag hart klingen, aber ich entwickelte eine Abneigung gegen meinen eigenen Körper. 

Verständnislose Hilfe ist in Wahrheit keine Hilfe

Der heiß ersehnte Termin in der Hormonambulanz stellte sich leider als nutzlos heraus. Noch nie hatte ich von einem Arzt so wenig Verständnis bekommen. Beim Gespräch schaut er mich schief von der Seite an, verschrieb mir dann Gesdine und schickte mich mit den Worten: „Viele junge Frauen kämpfen mit diesem Problem,“ nach Hause. In mir kochte es vor Wut. Ich hatte mir mehr erwartet, denn in meinen Augen ist es nicht normal, wenn man sich als Mädchen mit 24 Jahren wie ein Mann rasieren muss.

Nun nehme ich also zweimal täglich die Gesdine, um die Hormone hoffentlich ein bisschen zu normalisieren. In vier Monaten geht es dann wieder zur Kontrolle in die Hormonambulanz. Meine Erwartungen daran habe ich jedoch zurückgeschraubt, viel Hilfe werde ich mir wohl nicht erwarten können. Aufgeben werde ich bestimmt nicht und wenn mich Ärzte nicht ernstnehmen, dann nehme ich es einfach selbst in die Hand. Es wäre nur schön jemanden zum Reden zu haben, jemanden dem es so geht wie mir, denn alles was ich möchte, ist verstanden zu werden, mich auszutauschen und mich weniger alleine zu fühlen.

Pezi (24 Jahre)

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