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Endometriose: der Zirkus in meinem Körper

Endometriose, der Zirkus in meinem Körper

In der Schule lernten wir in Biologie die wichtigsten Dinge über die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane. Wir lernten den weiblichen Zyklus kennen und die Schwangerschaft. Mit einem guten Gefühl ging man damals aus dem Unterricht, dachte, bestens auf die erste Periode vorbereitet zu sein, doch bei meiner ersten Blutung merkte ich schnell, dass es nicht so war. Bei meiner ersten Blutung ging ich durch die Hölle. Die Schmerzen waren so stark, dass ich nur mehr zusammengerollt in meinem Bett lag. Ich hatte Angst, weil ich nicht wusste, was mit meinem Körper geschieht. Alles tat so furchtbar weh und ich war nicht mehr in der Lage zu sprechen und gar zu denken. Niemand hatte mich auf das vorbereitet, niemand hatte das je erwähnt.

PCO nur ein Strippenzieher

Neben meinen starken Schmerzen merkte ich mehr und mehr, dass meine Periode extrem unregelmäßig war und sich veränderte. Anfangs machte mir dies nicht so viel aus, denn je länger mein Zyklus dauerte, desto länger blieben mir die Schmerzen erspart. Als ich meinem Frauenarzt meine Probleme mit dem Zyklus erklärte, wurde bei mir mit 18 Jahren das PCO Syndrom diagnostiziert, meine Schmerzen konnte mir mein Frauenarzt allerdings nicht erklären und meinte nur, dass sie normal wären. In meinen Augen jedoch ist es nicht normal, wenn ich vier 400 mg Ibuprofen schlucken muss, um mich überhaupt im Bett umdrehen zu können. Mir wurde die Pille verschrieben, die mir die Schmerzen etwas erleichtern sollte und dazu führen sollte, dass mein Zyklus sich wieder einpendelt. Eine gewisse Zeit funktionierte es mit der Pille ganz gut. Meine Menstruation verkürzte sich stark und die Schmerzen wurden leichter.  

Manege frei und keiner sieht hin 

Die Euphorie über die Pille hielt jedoch nicht lange an und mein Körper fing an sich gegen die Pille zu wehren. Mein Körper vertrug die Hormone nicht mehr und so setzte ich die Pille ab. Mit voller Wucht trafen mich die Schmerzen wieder mehr und mehr. Trotzdem schleppte ich mich in die Arbeit und bekam sie mit vielen Schmerzmitteln in den Griff. Jedoch fingen die Schmerzen jetzt auch schon außerhalb meiner Periode an, regelrecht auf mich einzuschlagen. Ich ging erneut zum Frauenarzt, um mir Hilfe zu holen. Ich schilderte wieder meine Schmerzen so anschaulich, wie es nur ging und erklärte, dass ich selbst beim Geschlechtsverkehr verstärkt Schmerzen hatte. Doch es war, als würde ich gegen eine Wand reden, mir wurde kaum zugehört und ich wurde wieder einfach nur nach Hause geschickt. Alles sei normal? Wie könne denn alles normal sein, wenn ich vor Schmerzen nicht mal mehr wusste, wie mir geschieht?

Endometriose, der wahre Zirkus in meinem Körper 

Beim dritten Arzt wurde mir endlich zugehört. Es kam der Verdacht der Endometriose auf. Mit Hilfe der drei Monats Spritze wollten wir die Schmerzen in den Griff bekommen. Die heftigen Schmerzen blieben auch aus, da ich meine Menstruation nicht mehr bekam, die azyklischen Schmerzen wurden etwas leichter, aber ich litt nun unter ständigen Blutungen. Ich wurde in die Endometrioseambulanz überwiesen.

Nach einem unauffälligen Ultraschallbild wurde ich zur Laparoskopie weitergeleitet und meine Endometriose wurde sichtbar. In meinem Unterleib wimmelt es nur so von Endoherden: An der Blase, an den Harnleitern, dem Bauchfell und im Douglasraum wucherte das Gewebe fröhlich vor sich hin. Selbst mein rechter Eierstock blieb nicht verschont, dort fand man eine Dermoidzyste.

Die Endoherde wurden durch eine Operation entfernt, meine Schmerzen wurden besser und ich konnte während meiner Periode wieder mein Bett verlassen und mich ganz normal bewegen und sprechen. Meine azyklischen Schmerzen außerhalb der Periode waren immer noch da und ich versuchte es mit der traditionellen chinesischen Medizin. Durch die tägliche Einnahme und der Akupunktur wurden die Schmerzen eine Spur leichter.

Der Zirkus nimmt kein Ende

Es blieb ein Balanceakt zwischen starken Schmerzen und ganz normalen Leben, denn ich fünf Jahre lang ganz gut im Griff hatte. Durch unseren Kinderwunsch änderte sich alles sehr schnell. Die chinesischen Kräuter musste ich anpassen und die geballte Ladung an Schmerzen waren wieder da. Ich versuchte es wieder mit Ibuprofen, doch wenn ich sie nicht rechtzeitig einnahm, fesselten die Schmerzen mich ans Bett. Das Glück wollte nicht auf unserer Seite sein und nach zwei erfolglosen Jahren, holten wir uns Hilfe in der Kinderwunschklinik. Ich wurde mit Hormonen vollgepumpt und der erste Versuch der In-vitro-Fertilisation wurde gestartet. Nach drei künstlichen Befruchtungen und heillosen Schmerzen brachen wir fürs Erste ab und ich unterzog mich einer weiteren Operation. Neben den vielen Endoherdenim Unterleib waren sogar meine Eierstöcke mit der Bauchwand verwachsen. Zudem stellte sich heraus, dass ein weiterer Akteur dem Zirkus beigetreten war: Adenomyose.

Eine wohlverdiente Zirkuspause steht vor der Tür 

Ein knappes halbes Jahr brauchte ich, um mich von der Operation im Sommer zu erholen. Im Dezember fühlte ich mich bereit für einen neuen Versuch. Doch auch dieses Mal wollte es nicht klappen. Wir ließen uns auch dieses Mal nicht entmutigen und probierten es ein fünftes Mal. Mit Hormonen wurde ich auf unseren kryokonservierten Embryo, aus dem dritten Versuch vorbereitet. Nun hieß es zittern und warten. Verängstigt und mit mulmigem Gefühl warteten wir auf das Ergebnis des Schwangerschaftstests.

Als wir das Ergebnis endlich in Händen hielten, weinten wir beide, wir hatten den Zirkus endlich genug Paroli geboten und tatsächlich gewonnen. Auf uns wartet das schönste Abenteuer, von allen und bald veranstalten wir unseren eigenen kleinen Zirkus als Familie zu dritt. Und auch wenn ich nicht weiß, wie es mit den Schmerzen weiter gehen wird, bin ich glücklich darüber, dieses kleine Wunder in mir tragen zu dürfen.

Katharina (35 Jahre)

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  1. Super Blog! Als betroffene Patientin sind mir die Probleme
    geläufig. Nach vielen Ärtzen war es noch immer gleich.
    Besserung kam erst, als ich ein präzises Protokoll führte.
    Heute kann ich die Symptome behandeln und fühle mich
    wesentlich besser.

    1. unrasiert-ungeniert says:

      Danke dir, dass freut mich sehr, dass dir der Blog gefällt! Es ist schön zu lesen, dass du für dich eine Möglichkeit gefunden hast, deine Symptome zu behandeln und besser mit ihnen zu recht kommst! Das freut mich sehr 🙂

  2. Ein schöner und wertvoller Artikel zu diesem Thema. Herzlichen Dank dafür.
    In Deutschland, in Europa und der Welt passiert viel.
    Umso wichtiger ist es, dabei nicht den Überblick zu verlieren und über
    Neuigkeiten und Trends am Ball zu bleiben.
    Hin und wieder eine Pause zu machen ist richtig, aber dabei nicht den Anschluss verpassen.

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